Zeitzeug*innen-Aufruf der AWO Bayern für wissenschaftliche Studie zu ehemaligen Kinderkurheimen des Verbands

AWO Kinderkurheim Stauffenhof
AWO Kinderkurheim Stauffenhof, Bad Reichenhall-Nonn (Foto: Peter Nickl)

„Wir stellen uns der Herausforderung, die Geschichte unserer ehemaligen Kinderkurheime aufzuklären“.
Ehemalige Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestags Dr. Susanne Kastner als Ansprechpartnerin beauftragt – Historiker Dr. Johannes Lang und Prof. Dr. Hermann Rumschöttel für Studie verantwortlich.

Ab der Nachkriegszeit gab es deutschlandweit zahlreiche Kinderkurheime, in denen Tausende Minderjährige sich erholen und eine gute Zeit verbringen sollten. Leider war dies nicht immer und überall der Fall. Auch die Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Bayern hatte drei solcher Einrichtungen in ihrer Trägerschaft: Stauffenhof bei Bad Reichenhall-Nonn, Klosterhof in Bayerisch-Gmain und Buchenwinkl in Dorfen bei Wolfratshausen. Auch an diese haben zwar viele, aber nicht alle ehemaligen Kurkinder positive Erinnerungen. Die Schilderungen von körperlicher und seelischer Misshandlung in einer ehemaligen AWO-Einrichtung war ebenso wie die öffentlich-mediale Diskussion über Übergriffe in Kinderkurheimen allgemein, Anlass für die bayerische AWO, eine wissenschaftliche Aufarbeitung zu ihren früheren Kinderkurheimen in Auftrag zu geben.

„Es gehört zum Selbstverständnis der bayerischen Arbeiterwohlfahrt eventuelle Fehler der Vergangenheit aufzuklären. Wir stellen uns der Herausforderung, die Geschichte unserer ehemaligen Kinderkurheime wissenschaftlich aufzuarbeiten, und fordern den Freistaat Bayern auf, dies endlich verbandübergreifend und von Staats wegen anzugehen“, erklärt der AWO-Co-Landesvorsitzende Stefan Wolfshörndl. Er hofft, dass dem Antrag von CSU und Freien Wählern, der heute im Plenum des Bayerischen Landtags behandelt und in dem eine Aufklärung gefordert wird, fraktionsübergreifend zugestimmt wird. Entsprechende Initiativen aus der Opposition wurden in der Vergangenheit von den Regierungsfraktionen leider abgelehnt.

Die AWO hat die Historiker Dr. Johannes Lang und Prof. Dr. Hermann Rumschöttel mit einer wissenschaftlichen Studie zur Geschichte seiner ehemaligen Kinderkurheime beauftragt. Lang zum aktuellen Stand der Recherchen: „Der Stauffenhof ist ein gutes Beispiel für ein typisches sogenanntes Kinderverschickungsheim. Die wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte dieser Einrichtung zeigt – wie bei vergleichbaren Häusern –, dass es um die Quellenlage schlecht bestellt ist. Insbesondere zu den internen Vorgängen existieren kaum schriftliche Unterlagen. Insofern ist das Bild, das sich aus den vorhandenen Archivalien und Veröffentlichungen gewinnen lässt, zweifellos unvollständig. Um ein Gesamtbild erstellen zu können, sind die Aussagen jener, die das Heim von innen kennengelernt haben, unbedingt erforderlich, weshalb wir nach Zeitzeug*innen – ehemaligen sogenannten Verschickungskindern und Betreuer*innen – suchen.“

Die Arbeiterwohlfahrt Bayern ruft Zeitzeug*innen auf, sich mit ihren Erfahrungen und Erlebnissen, positiven wie negativen, an die Kinderkurheime der AWO Bayern zu melden. Eigens dafür wurde eine Anlaufstelle geschaffen, von der Berichte vertraulich angenommen und behandelt werden. Dr. Susanne Kastner ist die Beauftragte für die Geschichte der Kinderkurheime der AWO in Bayern. Ab sofort ist die ehemalige Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestags für Zeitzeug*innen erreichbar:

dienstags und donnerstags, 10 bis 12 Uhr, oder nach Vereinbarung,
unter 0172 2462114, oder
per Mail: kinderkurheime@awo-bayern.de

per Post:
Dr. Susanne Kastner
Beauftragte für die Geschichte der Kinderkurheime der AWO in Bayern, AWO-Landesverband Bayern e.V.
Edelsbergstr. 10
80686 München
mit dem Zusatz persönlich/vertraulich