AWO-Doppelspitze Nicole Schley und Stefan Wolfshörndl zur heutigen PK von Gesundheitsminister Klaus Holetschek: „Gravierende Defizite im Versorgungssystem für psychisch erkrankte und belastete Kinder und Jugendliche sofort beseitigen“

Arbeiterwohlfahrt fordert flächendeckenden Ausbau der Krisenpsychiatrie.

„Die Voraussetzungen für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen müssen auf allen Ebenen gewährleistet werden. In Bayern ist das keinesfalls so, deshalb fordern wir die Staatsregierung auf, flächendeckend die akute und weiterführende Versorgung sowie präventive Maßnahmen auszubauen“, erklären Nicole Schley und Stefan Wolfshörndl, die Landesvorsitzenden der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Bayern, anlässlich der heutigen Pressekonferenz von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek zur Kindergesundheit während der Corona-Pandemie.

Die konkreten Forderungen der Arbeiterwohlfahrt (AWO):

  • Ausweitung eines flächendeckenden psychiatrischen Krisendiensts auch für Minderjährige anbieten.
  • Kinder- und jugendspezifische Fachkräfte an den sozialpsychiatrischen Diensten und an den psychosozialen Suchtberatungsstellen einsetzen.
  • Ausreichend Plätze in jugendpsychiatrischen Kliniken und psychotherapeutischen Praxen schaffen.
  • In Kita und (Ganztags-)Schule die Beteiligung und Mitsprache der Kinder und Jugendlichen stärken.
  • Kinderschutz und pädagogische Qualität müssen in Kita und schulischer Nachmittagsbetreuung an erster Stelle stehen und refinanziert werden.
  • Die Universalität der Kinderrechte beachten. Keine Ungleichbehandlung von Kindern und Jugendlichen aus unterschiedlichen Herkunftsländern.
  • Die zuständigen Staatsministerien für Soziales und Gesundheit müssen besser zusammenarbeiten und nicht die Zuständigkeiten untereinander hin- und herschieben.
  • Bessere Kooperationen und Lotsensysteme zwischen klinischer/psychiatrischer Versorgung und Eingliederungs- sowie Kinder- und Jugendhilfe werden benötigt.

Dieser Katalog ist vor dem Hintergrund folgender Situation im Freistaat, die durch die Corona-Pandemie zwar verschärft wurde, aber bereits davor existierte, zusammengestellt worden: Im Flächenland Bayern gibt es nur wenige jugendpsychiatrische Kliniken, die meisten befinden sich in den größeren Städten. Im sogenannten Krisenfall wird ein junger Mensch häufig vom Notarzt mehrere Hundertkilometer von seinem Wohnort in die Ballungsräume transportiert. Nach der Entlassung ist eine übergangslose Weiterversorgung nicht garantiert, denn: „Die Versorgung mit Psychotherapeut*innen für Jugendliche ist im Freistaat regional sehr unterschiedlich, es gibt mancherorts Wartezeiten von über einem halben Jahr. Besonders im jungen Alter kann sich während eines so langen Zeitraums ein Zustand stark verschlechtern. Außerdem gibt es nicht in jedem der 96 bayerischen Jugendämter einen Rund-um-die Uhr-Notdienst. Diese gravierenden Defizite im Versorgungssystem für psychisch erkrankte und belastete Kinder und Jugendliche müssen sofort beseitigt werden“, fordern Schley und Wolfshörndl.